Im BDSM wird ein Trancezustand bei dem*der Sub als Subspace, manchmal auch als Ropespace bezeichnet. Doch was ist das eigentlich?
1. Was ist Trance?
Unter dem Begriff Trance versteht man ein breites Spektrum an veränderten Bewusstseinszuständen, die vom wachen Alltagsbewusstsein abweichen - aber eben auch weder Schlaf noch Dämmerzustand sind.
Wir alle sind mehrmals am Tag in Trance - oft, ohne es bewusst mitzubekommen. So z.B. vor dem Einschlafen und Aufwachen, wenn wir Computerspiele zocken, angeregt ein Buch lesen und ganz gebannt sind, beim monotonen Fahren auf einer Autobahn (sog. Autobahntrance), beim Joggen, beim hochkonzentrierten Arbeiten im Flow, etc... Daher ist Trance für Menschen etwas sehr natürliches, wenn nicht sogar einer der natürlichsten und gesündesten Zuständen von allen. Jedoch gibt es nicht DEN Trancezustand, sondern Trance ist ein Spektrum: die Trancen von Menschen können in Tiefe, Intensität und Dauer sehr stark variieren. Trancen können von dem sog. Flow-Zustand (ich arbeite eifrig an meinem Projekt und bekomme gar nicht mit, dass Stunden vergangen sind oder ich mal was essen sollte) bis hin zu ekstatischen Hochgefühlen mit Halluzinationen, Hyperventilation (möglich), starkem Zittern und unwillkürlichen Bewegungen (möglich), dem Erleben inneren Bildern und sehr starken - meist überaus positiven - Gefühlen reichen. Auch das stundenlange tanzen zu Techno oder auch generell zu Musik kann ein Trancezustand sein.
- Ich rede hier ausschließlich von Trancen, die natürlich, OHNE die Einnahme von Drogen entstanden sind -
2. Trancezustände zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:
- Körperlich/geistige Entspannung
- Hochfokussierte Aufmerksamkeit (im Bondage und BDSM kann die Aufmerksamkeit der Person in Trance sowohl nach außen als auch nach innen in die innere Erlebenswelten gehen)
- Der logisch-urteilende, rational-denkende Verstand ist weitesgehend ausgeschaltet
- Die Ich-Wahrnehmung verschwimmt auf angenehme Art und Weise
- Es können leichte bis sehr starke Glücksgefühle entstehen ("Happy Place")
- Zeit und Raum fließen förmlich so. Die Person in Trance verliert oft jegliches Zeitgefühl.
- Manche Menschen erleben in Trance auch innere Bilderwelten
3. Trance vs. Hypnose
Während eine Hypnose (mit Ausnahme der Selbsthypnose) immer zwei Personen braucht: eine*n Hypnotiseur*in und eine*n Hypnotisand*in und vor allem eher eine Anwendung mit konkreten Zielen beschreibt (z.B. Hypnose gegen Schlafstörungen, für mehr Konzentration, zur Raucherabgewöhnung, etc.), ist Trance der Zustand und kann willentlich von dem*der Anwender*in unter Umständen oder den richtigen Bedingungen selbst herbeigeführt werden (z.B. Schamanen, Trance durch Sex, Trance durch Fantasiereisen, etc.).
4. Wodurch Trance beim Bondage entstehen kann
Es gibt Menschen, die gehen viel leichter in Trance als andere. Manche möchten so gerne einmal den Subspace erleben, schaffen es aber (scheinbar) nicht rein oder wissen nicht wie. Wieder andere haben Angst vor Trancezuständen (das aber meist nur durch eine vollkommen falsche Vorstellung davon oder aus der Sorge heraus, dass sie dann nicht mehr Handlungsfähig wären. Diese Sorge ist aber unberechtigt).
Hier ein paar Möglichkeiten, wie Modelle beim Bondage in Trance gehen könnten:
- Durch gleichförmige Bewegungen (wenn du als Fessler*in z.B. sehr gleichmäßig in einem bestimmten Rhythmus fesselst)
- Durch gehaltene Aufmerksamkeit und Fokus auf eine Sache (wenn du gut fesseln kannst und dein Modell "mitnimmst", dann bleibt der Fokus ausschließlich auf der Stelle, wo du gerade arbeitest. Dadurch entsteht schon nach kurzer Zeit ein Trancezustand bei dem Modell. Das kommt dann, wenn wir als Fessler*innen nicht zulassen, dass unser Modell abschweift oder an seinen*ihren Einkaufszettel denkt.)
- Aber auch durch den Eigenfokus des Modells, z.B. durch die anhaltende Konzentration auf den Atem, eine bestimmte Körperstelle, das Hineinfühlen in den Körper, etc.
- Durch Schmerzen, z.B. im Semenawa induzierte Trancen. Hier entsteht die Trance durch eine Mischung aus Fokus + Endorphin-High + Adrenalin
- Durch das Spüren des eigenen Körpers an den verschiedensten Stellen (das ist eine Trance, die durch den sog. Somasensorischen Cortex - SSC- im Gehirn ausgelöst wird. Kurz gesagt: viel Seil an vielen Stellen)
- Durch Konditionierung: Wenn das Modell sehr häufig Trancezuständen in den Seilen erlebt hat, dann kann der bloße Anblick von Seilen oder der Beginn einer Fesselsession alleine schon Trancezustände auslösen.
- Durch den Einsatz von Worten (die hohe Kunst der "Fesselung des Geistes", bei der Emotionen durch Worte und Gesten erzeugt werden. Man kann einem Menschen quasi befehlen, in Trance zu gehen)
- Durch Reideprivation, also dem Nehmen aller Sinnesreize (z.B. Augen verbinden, Fesseln & Ohrenstöpsel, Dunkelheit)
- u.v.m.