Im Shibari hängt viel vom richtigen Equipment ab, denn eine sichere Fesselung steht und fällt mit dem Einsatz eines geeigneten Materials. Dieser Artikel soll dir einen Überblick geben, welche Sicherheitsaspekte in puncto Material im Shibari wichtig sind und wie du verantwortungsvoll damit umgehen kannst.
2.1 Seile
Ungeeignete Seile zu haben ist nicht nur frustrierend und kann die Ästhetik stören - es ist auch ein großes Risikopotenzial. Du solltest beim Bodenbondage unbedingt aufpassen mit:
- Unebene Seile mit harten Spelzen
- Zu dünne Seile schneiden sich in die Haut ein (darunter fällt alles unter 5mm Durchmesser)
- Zu dicke Seile (alles über 6mm Durchmesser) bilden sehr große, harte und dicke Knoten, welche das Nervenverletzungsrisiko stark erhöhen und unangenehm drücken können
- Elastische und zu weiche Seile (Baumwollseile, Expanderseile, etc.) bilden sich zuziehende Knoten und können sich sehr unangenehm einschneiden
- Synthetische Seile können schwere Verbrennungen beim Durchziehen auf der Haut hinterlassen
- Harte Seilendstücken, z.B. Metallhülsen, können beim Fesseln in der Gegend herumschlagen und das Model verletzen
- Zu lange Seile (z.B. 10 Meter-Seile) brauchen sehr viel länger zum Abfesseln und verlängern im Notfall die Zeit bis die Person befreit werden kann
Wenn du an deinen Seilen auch Hängebondage (Suspension) machen möchtest, kommen noch folgende Faktoren dazu:
- Die Bruchlast der Seile sollte sehr hoch sein. Für Hängungen geeignet sind dann nur noch Leinen, Hanf- oder Juteseile ab 5mm Durchmesser. Kunstfaserseile (wie Dyneema oder Nylonseile) erfüllen zum Teil auch die Anforderungen an die Bruchlast, sind aber nur bedingt hängetauglich (zu rutschig, erfordern andere Fesseltechniken, etc.)
- Die Seile sollten noch nicht zu alt sein und keine Verschleißerscheinungen aufweisen
- An gefärbten Juteseilen sollte nicht gehangen werden. Die eh schon geringe Bruchlast der Juteseile (im Vergleich zu Hanfseilen) verringert sich durch jeden Wasserkontakt unberechenbar stark. Seilrisse werden wahrscheinlicher
2.1.1 Der Zustand deiner Seile
Seile verschleißen mit der Zeit. Daher solltest du sie regelmäßig überprüfen. Wenn Fasern herausstehen oder der Schlag im Seil an manchen Stellen bereits locker ist, dann solltest du diese Seile entweder nur noch für Bodenbondage verwenden oder aber die beschädigte Stelle herausschneiden. Die entstehenden Seilrester sind sehr praktisch wenn du mal kürzere Seile brauchst.
Ab und an solltest du deine Juteseile auch ölen (nur geeignetes Seilpflegeöl verwenden). Hanfseile brauchen in der Regel kein Öl.
2.1.2 Was du mit deinen Jute- oder Hanfseilen auf keinen Fall tun solltest
Jute und Hanfseile gehören zu den stärksten Naturfaserseilen der Welt. Daher ist es wichtig, dass wir um die Bruchlast und Qualität der Seile nicht zu reduzieren, ein wenig auf sie aufpassen und bestimmte Dinge unterlassen. Dazu gehören:
- Sie in der Waschmaschine waschen
- Sie generell waschen (kein Wasserkontakt!)
- Sie feucht lagern
- Sie in Plastiktüten oder Plastikboxen lagern
- Sie über scharfe Kanten führen
- Sie mit Babyöl, Speiseöl oder Vaseline “fetten”/”ölen”
Da wir an Baumwollseilen nicht hängen, kannst du Baumwollseile problemlos in der Waschmaschine waschen. Die Faser ist eine Samenkapselfaser und hält das gut aus.
2.2 Notfallschneidewerkzeug
Es ist beim Fesseln super wichtig, dass wir immer ein geeignetes Notfallschneidewerkzeug in Reichweite haben. Es müssen auch nicht immer die berühmten Knoten sein, die sich einfach nicht öffnen lassen wollen (passiert bei Jute- oder Hanfseilen nie), sondern bedenke auch folgende Situationen:
- Ohnmacht und Bewusstlosigkeit (CSR)
- Seile schnüren sich unkontrolliert viel zu eng um Hals oder Gliedmaßen herum
- Atemnot oder Asthma-Anfall (zuerst Asthmaspray verabreichen, dann ggf. Seile schneiden)
- Allergischer Schock
- Feueralarm im Haus
- Plötzlicher, unerklärlicher stechender Schmerz
- Nervenverletzung
- Panikattacke, die sich nicht regulieren lässt
- Psychischer Notfall
- Die Person will SOFORT raus - wir sind verpflichtet dem nachzukommen
- Wenn du als fesselnde Person merkst, dass du selbst in den nächsten Minuten dringend Hilfe brauchen wirst und nicht mehr handlungsfähig sein wirst
- Belastung in den Seilen ist unkontrolliert/rutscht. Ohne sofortiges Handeln könnte sich die gefesselte Person erheblich verletzen.
- Hängeseile verkeilen sich und anders kann nicht mehr abgefesselt werden
- Technischer Fail am Hängepunkt: Die Person muss augenblicklich Bodenkontakt haben, bevor z.B. ein Deckenhaken ausreist.
Auch aus rechtlicher Sicht sollten wir immer ein geeignetes Notfallschneidewerkzeug bei den Seilen haben.
Du siehst vielleicht, dass es sehr viele Situationen geben kann, an die man eher nicht gedacht hat. Es muss auch nicht immer an dir liegen und du als Fessler musst nicht immer alles kontrollieren können - besser bist du aber vorbereitet und hast einen Plan B als dass du dich ewig rechtfertigen musst und dann denkst “hätte ich mal was zum Schneiden da gehabt”...
2.2.1 Welche Schneidwerkzeuge absolut ungeeignet sind
- Alle Messer, z.B. Küchenmesser, Outdoor-Messer, Taschenmesser, etc.
- Normale Haushaltsscheren
- Gurtschneider aus dem Auto
- Spitze Schneiderscheren, Nagelscheren, Papierscheren, Büroscheren
2.2.2 Was du gut als Schneidewerkezug bei Jute und Hanfseilen nutzen kannst
Am besten besorgst du dir eines der folgenden Werkzeuge:
- echte EMT Schere aus dem Rettungswagen (schneider auch Jeans, Leder, Motorradkleidung)
- sehr hochwertige angewinkelte Verbandskastenschere, welche die Haut nicht verletzen kann und ein sehr stabiles Gelenk hat
- Bearclaw Schneidemesser (schützt die Haut)
- Mein Tipp (unbezahlte Werbung): Gill Harness Rescue Tool (ein sog. Segelmesser mit Zähnen und gebogener Klinge)
Dein Schneidewerkzeug sollte am besten vier Bedingungen erfüllen:
- Es sollte als erstes vorhanden und griffbereit sein (ein leichtes, kleines Schneidewerkzeug hast du eher bei dir als ein großes, teures, klobiges)
- Es sollte so stabil sein, dass es problemlos durch viele harten Seile hindurch schneidet. Baumwolle schneidet sich bedeutend leichter als Jute oder Hanfseile. Besonders das Gelenk an Scheren ist die Sollbruchstelle, die besonders stabil gebaut werden sollte
- Die Klingen oder Schneideflächen müssen so geformt sein, dass man mit Kraft zwischen Seil und Haut gelangen kann, ohne die Haut zu beschädigen
- Das Schneidewerkzeug sollte scharf sein
2.2.3 Wann schneidet man die Fesselung auf?
Das ist Teil vom Notfall-Training in der Fesselausbildung. Grundsätzlich gilt:
- Die Ursache finden und sofort lösen. Findest du die Ursache nicht innerhalb von wenigen Sekunden, dann schneiden. Die meisten Probleme bei Fesselungen lassen sich von außen schnell mit wenigen Griffen korrigieren.
- Immer zuerst gucken, ob die Person Luft bekommt (Hals, Gesicht, Brustkorb)
- Atemwege frei machen
- Asthmaspray verabreichen, wenn Asthmatiker
- Körperhaltung verändern, so dass die Lungen frei atmen können
- Bei Bewusstlosigkeit: Laut ansprechen, schütteln, zurückholen
- Du schneidest immer dann die Seile auf, wenn du das für richtig hältst oder dein Model es verlangt. Du als Fessler und Fesslerin hast die Verantwortung.
Je mehr Erfahrung du hast und je schneller du Abfesseln lernt, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass du wirklich mal die Seile aufschneiden musst. Das meiste kündigt sich zum Glück frühzeitig an oder kann schnell korrigiert werden.
2.3 Weitere Materialien
Zum Thema Materialsicherheit gehört auch das restliche Equipment.
2.3.1 Hängepunkt
So sollte dein Hängepunkt eine Mindestbruchlast von 500 Kg haben. Wir hängen niemals eine Person an folgenden Geräten und Installationen auf:
- An Sportgeräten (auch wenn man daran Klimmzüge macht)
- An Türen
- An Türrahmen
- An Leitern
- An Kindersportgeräten
- An Hängesessel-Vorrichtungen
Die meisten dieser Geräte haben laut Hersteller nur eine Mindestbruchlast von ca. 150 Kg (z.B. die meisten Sportgeräte und Kinderspielplatzgeräte), das genügt nicht für die dynamischen Lasten von Hängebondage - egal wie “leicht” die Person ist.
Gut geeignet:
- Fachwerkhaus-Balken
- Dachbalken
- Traversen
- Metallgerüste aus dem Gerüstbau
- Deckenhaken, die mindestens 500kg halten können
2.3.2 Karabiner
Wir brauchen für Hängebondage auch immer eine Hand voll Karabiner. Bitte nimm da nur CE-geprüfte aus dem Klettersport. Sog. “Feuerwehrkarabiner” sind scharfkantig und für unsere Zwecke nicht geeignet. Gleiches gilt für Baumarkt-Karabiner.