Die erotische Kraft von Selfbondage

    Beim Fesseln braucht es in der Regel zwei Personen. Manche fesseln aber auch zu dritt und zu viert und wieder andere bevorzugen die Atmosphäre einer ganzen Gruppe, um sich durch die Seile inspirieren zu lassen. Und dann gibt es da aber auch jene Menschen, die am liebsten ganz für sich alleine sind...

     

     

    ...und lieber ungestört in aller Ruhe in die Seile gehen. Selfbondage, also das Selbstfesseln, ist nicht einfach nur eine “Verzweiflungstat” mangels fesselnder Kontakte, sondern kann auch ganz bewusst praktiziert werden und hat zahlreiche positive Effekte für Körper und Geist. In diesem Beitrag möchte ich dir einmal die Kunst des Selbstfesselns näher bringen. 

     

    Selfbondage - viele Wege führen zum Ziel

     Zunächst einmal eine kurze Begriffserklärung: “Selfbondage” meint alle Formen, inkl. aller Utensilien (auch Seile), wie man sich selbst fesseln kann. Was dazu gehören kann:

    • Eis-Handschellen, die sich erst wieder öffnen lassen, wenn das zuvor eingefrorene Schloss aufgetaut ist
    • Magnetische Fesseln
    • Manschetten & Karabiner-Systeme 
    • Quick-Release-Fesselsysteme
    • Klett-Fesseln

    Da "Bondage" allgemein jede Art der Einschränkung der Bewegungsfreiheit einer Person meint, inkludiert auch Selfbondage jede Art, wie man sich selbst und seinen Körper fesselt - egal ob mit Handschellen, Klettverschlüssen oder Seidenschals. Seile sind also nur eine Möglichkeit von vielen, sich selbst zu fesseln.

    Wenn Menschen sich selbst in Seilen aufhängen, handelt es sich um Selfsuspension.

     

    Warum Menschen sich selbst fesseln

     Es gibt ein paar spannende Gründe, warum Menschen sich selber fesseln. Dazu können gehören:

    • Niemand verfügbar: Manchmal ist einfach niemand da, der fesseln kann oder Zeit hat - die Lust auf Seile bleibt aber. Man kann nun darüber traurig sein oder einfach selbst die Seile in die Hand nehmen.
    • Noch kein passender Fesselpartner gefunden: Es gibt viele Menschen, die einfach noch keinen Fesselpartner gefunden haben oder sich selbst nicht trauen, auf Menschen zuzugehen.
    • Schwierigkeit zu Vertrauen: Insbesondere wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat oder eher vorsichtig ist, möchte man sich nicht unbedingt in fremde Hände geben. Selfbondage ist somit ideal - es bietet maximale Kontrolle und Sicherheit. 
    • Neugier ohne Risiko: Es gibt auch schlicht neugierige Menschen, die herausfinden wollen, wie es sich anfühlt. Dahinter muss kein verdrängter Fetisch oder unterdrückte Neigung stehen, manchmal genügt einfach menschliche Neugier, die ohne Scham, Erklärungen oder Rechtfertigungen ausgelebt werden möchte. 
    • Geheimhaltung und Wertekonflikte: Leider gibt es auch heute noch sehr viele Menschen, die ihre Leidenschaft geheim halten müssen, da sie fürchten, sonst verurteilt zu werden oder das Gefesselt werden nicht im Einklang mit ihren Werten stehen, die sie nach außen vertreten (wollen oder müssen). Dazu können religiöse, moralische und gesellschaftliche Werte gehören. Durch das Sich-selbst-Fesseln, kann der Persönlichkeitsanteil im sicheren, ganz privaten Rahmen ausgelebt werden - und auch zum Teil ausgeblendet werden, zum Selbstschutz. 
    • Online-Dominierung: Die Selbstfesselung kann hier als Aufgabe, Bestrafung, Obligation oder Belohnung vor laufender Kamera verwendet werden. 
    • Training für Fesselnde: Gerade wenn du bei mir in der Ausbildung bist, gibt es für einige - die da Bock drauf haben - immer mal wieder kleine Hausaufgaben. Dazu gehört auch, dass man sich auch mal selbst fesselt, um ein besseres Gefühl für die richtige Enge der Seile zu erlangen. Aber auch das Üben neuer Techniken, das Testen von von Knoten und Formen geht manchmal einfach unkomplizierter an den eigenen Beinen.
    • Performance & Kreativität: Auch nicht vergessen dürfen wir die Menschen, die Selfsuspension als Teil ihrer Kunst nutzen, z.B. im Rahmen einer Performance oder als Showact. Selfsuspension kann ein bisschen so sein wie Poledance - anspruchsvoll, anstrengend, tänzerisch, faszinierend und ästhetisch. Es erfordert viel Training und ist einfach was besonderes. Es gibt natürlich auch - gerade in Berlin - viele Menschen, die sich selbst eine Fesselung als Teil eines Party-Outfits für z.B. eine Fetisch- oder Sexparty bauen.

     

    Was Selfbondage wirklich ist

    Selfbondage ist keine Verzweiflungstat einsamer Menschen, sonders es kann vielfältige Gründe dafür geben kann. Manchmal ist es einfach der beste Kompromiss für einen Menschen in seinem jeweiligen Umfeld, um seine Leidenschaft oder Neugier so geheim wie möglich zu halten. Darüber hinaus hat Selfbondage zahlreiche positive Effekte auf Körper und Geist: 

    • Es erhöht das Vertrauen in den eigenen Körper
    • Es trainiert die Selbstwahrnehmung
    • Es fodert das Denken und Koordinieren
    • Es dient der Selbstregulation, z.B. bei Stress
    • Es kann entspannend oder aktivierend wirken - je nachdem was man braucht
    • Es ist eine Achtsamkeitsübung oder Meditation
    • Es dient dem Stressabbau und kann unangenehme Gemütszustände positiv unterbrechen 

    Gefesselt zu werden ist ein normales Bedürfnis. Nicht für Menschen mit entsprechenden Neigungen oder einem Fetisch, sondern auch für Neugiere und Experimentierfreudige. Wir Menschen sind von Natur aus sinnlich-sexuelle Wesen, die ihre Körperlichkeit erkunden wollen. Gerade jene Menschen, die sich häufig langweilen beim Sex, brauchen mehr Stimulation und die Seile können diesem “Mehr” gerecht werden. Wer sich selbst gerne fesselt, macht aus Sicht des Gehirns und des Körpers etwas vollkommen normales. 

    Sich selbst zu begrenzen und damit zu experimentieren ist auch Teil der Selbstregulation. Das bedeutet, dass durch das Selfbondage, Menschen sich selbst ins Hier und Jetzt holen können und ihr Nervensystem regulieren: Also von Anspannung in die Entspannung kommen, von Langeweile in die Aktivierung, von der Dissoziation wieder zurück in den Körper und die eigene Mitte. Oder auch durch starke Reize, die dem Körper nicht schaden oder ihn verletzen, sich selbst wieder fühlen und wahrnehmen können. 

    Der starke Druck der Seile und die Dehnung, welche durch die Fesselung verursacht wird, liefert einen starken Reiz - manche würden auch bis in den Schmerz gehen - der aber vollkommen kontrolliert werden kann und ohne Risiko erlebt und gehalten werden kann. Diese Erfahrung hat auch einen Einfluss auf das Selbstbewusstsein einer Person, da es "Ich halte das aus", "Ich kann das" und "Ich bin stark" verankert. 

     

    Wie man sich besser selbst fesselt - Tipps für Selfbondage

    Der beste Tipp ist natürlich der, dass du dieselben Ansprüche für dich selbst erfüllst, wie du sie auch für andere erfüllen solltest. Heißt: Geeignetes, hochwertiges Material, genügend Zeit, saubere Fesseltechnik, beherrschte Grundlagen. Ich hab aber noch etwas mehr für dich: 

    Tipp Nr. 1: Mach ein Ritual daraus

    Wie wäre es, wenn du dich nicht einfach mal eben so ein bisschen fesselst, sondern ein ganzes Fessel-Ritual daraus machst? So als wenn du es für eine andere Person vorbereiten würdest? Vielleicht möchtest du dazu dir eine bestimmte Musik auswählen, eine Kerze anzünden und einen bestimmten Ort in deiner Wohnung vorbereiten, ein bestimmtes Kleidungsstück tragen - oder nackt sein?

     

    Tipp Nr. 2: Selfbondage zu Zweit 

    Wusstest du schon, dass man Selfbondage auch zu Zweit praktizieren kann? Hast du vielleicht einen Partner, der/ die vielleicht gar nicht so auf Bondage und Fesseln steht und wo du schon ewig darum bittest, endlich gefesselt zu werden? Wie wäre es, wenn du selbst das Seil in die Hand nimmst und dich vor seinen/ihren Augen sinnlich selber fesselst? 

    Vielleicht machst du auch ein Ritual draus und fesselst nur das, was du in dem Moment geil findest. Dein Partner darf zuschauen oder bekommt Lust auf Seil, Lust auf dich oder ihr fesselt euch plötzlich beide selbst...

     

    Tipp Nr. 3:  Mach eine komplette BDSM- oder erotische Spiel-Session draus

    Kombiniere das Selbst-fesseln mit einer Masturbations-Session. Fessel dich, so wie du es magst und probier mal aus, was sich verändert, wenn z.B. den Vibrator zur Hand nimmst oder deiner Fantasie freien Lauf lässt. Du kannst dir auch selbst den Knebel in den Mund stecken oder die Augen verbinden - warum bitte nicht?  Manche von uns brauchen vergleichsweise wenig Input, um zum Orgasmus zu kommen. Andere aber brauchen Mehr. Mehr was da passiert, mehr Reiz, mehr Story, mehr Gefühl. Manche Menschen brauchen mehr Schmerz (was auch nur Reiz ist),  mehr Action. Und für die ist BDSM gemacht. Und nicht jeder möchte oder kann das auch mit anderen Menschen ausleben - aus den verschiedensten Gründen.

    Ich weiß aus Studien, dass sehr viele Menschen erotische Fantasien mit sehr klaren BDSM-Inhalten haben (hier geht es häufig um Dominierung, Unterwerfung, Ausgeliefert-Sein, Bondage, usw.), aber darüber nie im Leben sprechen würden, geschweige denn es jemals in Betracht ziehen würden, es auszuleben. Und genau darum schreib ich das hier so deutlich für euch: Holt euch die Erfahrung, die ihr machen wollt durch euch selbst. Nutzt die Spielzeuge und Utensilien die es gibt, nehmt euch Zeit, fesselt euch selbst und macht Solo-BDSM-Sessions.

    Wenn es nur die Scham und die Vorurteile sind ("aber man kann ja nicht einfach...", "das ist doch komisch", "das wäre ja krank", etc...), die euch abhalten, dann wäre das doch echt Schade um die Erfahrung, die einem entgeht. 

     

    Tipp Nr. 4: Nutze deine (erotische) Fantasie

    Wenn du nicht gerade eine rein praktische Fesseltechnik - Trainingseinheit an dir selbst absolvierst (weil du dich z.B. auf ein Fesseltreffen vorbereitest oder von deiner Trainerin Hausaufgaben bekommen hast), dann kannst du dich auch bewusst in den Seilen zurücklehnen und in deiner Fantasie eine Geschichte kreieren. Vielleicht wirst du dann - in deiner Fantasie - gar nicht mehr von dir selbst gefesselt, sondern deine Hände gehörten jemand völlig anderem. Vielleicht bist du auch gar nicht mehr alleine, sondern - und ich weiß, dass viele von euch darauf stehen - der Sub von jemanden, vielleicht wirst du benutzt oder in einer erotischen Fantasie bestraft. Vielleicht musst du auch gefesselt ausharren. 

    Diese Fantasiegeschichten sind super ressourcevoll, das heißt dass sie für das Gehirn und unserer psychischen Gesundheit wirklich gut tun. Und: Vollkommen unterschätzt werden. Wenn wir erotische-/sinnliche Fantasien haben, schaltet unser Gehirn in einen hypnotischen Trance-Modus. der sich sehr positiv auf uns auswirkt. Es ist für unser Gehirn wie spielen, wie Wellness, wie entspannen - obwohl es selbst diese Fantasiewelten erfindet und gestaltet. 

     

    Ich hoffe ich konnte dir etwas Inspiration mit auf den Weg geben, wie du deine Selfbondage-Sessions ein wenig würzen kannst. 

     

    Welche Fesselungen am besten für Selfbondage geeignet sind

    Es gibt ganz viele verschiedene Fesselungen, die sich für Selfbondage eignen. Natürlich sind das meistens Fesselungen mit freien Armen und wenig komplizierten Techniken auf dem Rücken. Zu den Klassikern gehören in jedem Fall: 

     

    Sicherheitstipps für deine Selfbondage-Sessions

    Ich möchte dir noch eine Hand voll Tipps auf den Weg geben, wenn du vor hast, dich selbst zu fesseln (was ich dir echt empfehle!). Der wichtigste Tipp aber ist der, dass du dich niemals in eine Selfbondage-Hängung hineingeben solltest, wenn du allein zuhause bist. Selfbondage-Hängungen werden am besten nur in Gruppen oder mindestens zu zweit geübt - es ist bei Selfsuspensions wirklich sehr leicht, sich an zahlreichen Stellen selbst zu verschätzen und am Ende dann ein riesiges Problem zu haben. Wenn du auf dem Boden bleibst, ist das Risiko deutlich geringer. Für die Bodenformen habe ich folgende Sicherheitstipps für dich:

    • Hab immer eine Sicherheitsschere in deiner Nähe, auch wenn du “nur” auf dem Boden oder im Bett fesselst. Zusätzlich empfehle ich, dein Handy für Notfälle griffbereit in deiner Nähe zu lassen. 
    • Auch wenn du dich selber fesselst und für dich selbst die Verantwortung übernimmst, solltest du die Grundlagen im Shibari beherrschen. Bitte vermeide Fantasieknoten und wirres drauf los Gefessel. 
    • Lass deine Hände frei und experimentiere bitte nicht mit sich selbst zuziehenden Schlingen oder sonstigen Selfbondage-Handfesselungen, die du irgendwo im Internet gefunden hast. Die Hände kannst du in eine Fesselung (z.B. Bein oder Hüftfesselung) maximal reinstecken, aber niemals selbst fesseln oder fixieren. 
    • Bitte wisse, dass die meisten Solo-Bondage-Unfälle durch Seile um den Hals (Selbststrangulation) verursacht werden. Sieh daher von Seilen in Halsnähe unbedingt ab. 
    • Rechne damit, dass nach einer Weile in einer anstrengenden Körperhaltung (überstreckt, gedehnt, etc.) deine Muskeln schwächer werden. Es kann also sein, dass du bei kurzen Tests gut in eine Position rein und raus kommst, nach längere Zeit aber nicht mehr aus eigener Kraft aufstehen kannst. Wähle hier lieber eine entspanntere Körperhaltung. 
    • Wenn du deinen Körper z.B. flach im Bett fixierst, könnte es sein, dass die horizontalen Zugseile verrutschen und du selbst nicht mehr dran kommst. Halbe Schläge und andere Abschlüsse sollten daher immer körpernah gehalten werden. 

    Du kannst für Selfbondage jederzeit zu mir ins Training kommen, schau mal hier: 

    👉 Lerne mit mir live vor Ort Selfbondage und -Suspension in Berlin

    👉 Oder direkt zu Berlinropes.de

     

    Fazit: Mut zum Selfbondage

    Selfbondage ist weit mehr als nur das Fesseln des eigenen Körpers:  Es ist eine Praxis der bewussten Selbstwahrnehmung und des achtsamen Umgangs mit sich selbst. Aber auch ein Weg, um Selbstwirksam seinen Bedürfnissen und Wünschen nachzukommen. Durch die Arbeit mit den Seilen am eigenen Körper kann viel Druck von uns weichen und innere Stille einkehren, weil wir wieder mit uns selbst in Kontakt sein können - ganz in unserem eigenen Tempo, ohne Erwartungsdruck und ohne Risiko, von einer anderen Person abhängig zu sein. Der ganze Erfahrungsraum ist ein anderer und vieles wird erst durch das Alleinsein mit sich und den Seilen erst möglich. 

     

    👉 Hier geht es zum Lexikon-Artikel zum Thema Selfbondage (auch zum Thema Selbststrangulation durch Selfbondage kannst du einiges erfahren)

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