Meditatives Bondage ist eine Form des Shibari, bei der es weniger Erotik, Funktionalität oder Ästhetik im Vordergrund steht, sondern es vielmehr um das Erreichen einer Körperhaltung geht, die über einen längeren Zeitraum gehalten und die dann zu innerer Einkehr und Introspektion - oder eben Meditation - führen kann.
Ziele des Meditativen Bondage
- Achtsamkeit und Präsenz im eigenen Körper. Der Druck der Seile kann zur Nervensystemregulation und Stressabbau beitragen.
- Das Aushalten-müssen, bzw. Aushalten-dürfen des Unbequemen oder das Akzeptieren von Druck oder Schmerz oder einer unangenehmen Position kann zu tiefer Hingabe und dem Loslassen der Idee der Kontrolle führen.
- Das Erreichen von völliger Ruhe im Geist durch die Abwesenheit von äußeren Reizen sorgt für einen klaren Geist und innerer Zentriertheit.
- Manche Menschen finden es auch interessant, in dieser Zeit als Objekt wahrgenommen und behandelt zu werden. Die Objektifizierung lässt den eigenen Körper und das eigene Selbst als bloßes organisches Gebilde erscheinen, was unwichtig und irrelevant ist. Diese Erkenntnis kann sehr befreiend und erleichternd wirken.
- Manche Menschen gehen beim Meditativen Bondage auch in einen Trance-Zustand. Dieser wird durch absolute Reizreduktion und Innenfokus erreicht, manchmal auch durch zusätzliche bewusst gesetzte Schmerzreize - Endorphine und Dopamine sorgen dann für einen High-Zustand.
- Durch die gesteigerte Präsenz im Hier und Jetzt kann es u.a. auch als Spirituelle Praxis gesehen werden
Beim Meditativen Bondage kann auch der Akt des Fesselns mit einbezogen werden. Hier geht es dann um:
- besondere Achtsamkeit im Moment - jedes Seil wird bewusst und langsam platziert
- Das Fesseln selbst wird zu einer gemeinsam geteilten Meditation
- zwischenmenschliche Verbundenheit und emotionale Tiefe können für das Erfahren von Nähe und Intimität sorgen
Anwendung
- Die Person wird in einer relativ bequemen Haltung gefesselt, bevorzugt auf dem Boden (eher keine Hängung). Die Fesselung sollte gut ausgewählt und zuvor getestet worden sein.
- Es sollte für ein möglichst intensives Gefühl viel Seil verbaut werden - je mehr Seil, desto intensiver das Hautgefühl
- Das Fesseln darf gerne ohne verbale Kommunikation und mit fließenden Bewegungen sein.
- Die Fesselung baut sich Stück für Stück auf - gerne folgen am Ende noch Knebel, Augenmasken, Ohrstöpsel oder Kopfhörer mit Musik, Frequenzen, Klängen oder White/Grey Noice. Auch Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung können geeignet sein
- Dann verweilt die Person in der Fesselung - der Fokus liegt auf der Wahrnehmung des eigenen Körpers, der Atmung oder auch Berührungen
- Manche Menschen nutzen die erzwungene Meditation in Langzeitfesselungen bewusst als Strafe in ihrem BDSM-Spiel. Das Warten und Ausharren-müssen ist dann Teil der Spieldynamik.
Es gibt Menschen, die möchten nicht nur ein paar Minuten in einer Fesselung verbringen (müssen), sondern sogar Stunden bis Tage. Oft reichen dann auch einfache Fesselungen - wie z.B. das Tragen von Handschellen oder eine einfache Körperfesselung - aus, um in einen meditativen Zustand zu gelangen. Hier spricht man dann von einer klassischen Konditionierung (z.B. derart: Wenn Handschellen => dann entspannter Zustand).
Man kann Meditatives Bondage nicht nur mit Seil erreichen, auch andere Utensilien können geeignet sein, z.B.:
- Breite Gurte und Riemen
- Vakuumbetten
- Fesselsäcke
- Käfige
- Weiche Seile, die über einen sehr langen Zeitraum getragen werden können und sich auch bei längerem Liegen darauf nicht zu sehr einschneiden oder in die Haut drücken
Was Meditatives Bondage nicht ist
- Es geht nicht um Ästhetik und Perfektion der Fesselung - nur die Wirkung ist entscheidend, nicht das Aussehen.
- Im Meditative Bondage ist der Fokus eher bei den Bodenformen. Zwar ist der Zustand auch im Hängebondage zu erreichen, aber auf dem Boden ist es sicherer und entspannter.
- Es geht nicht um Show oder spektakuläre Fesselungen. Gefesselt wird in der Regel eher vertrautes, erprobtes und bequemes.
- Auch das Sexuelle und Erregende ist nicht unbedingt Ziel bei meditativen Formen
- Schmerzen durch Druck und Dehnung können für manche genau richtig sein. Für die meisten Menschen wirkt Schmerz bei meditativen Formen aber eher ablenkend.
- Es gibt viele Menschen, die gerne meditatives Bondage erleben, aber dabei sehr bei sich selbst bleiben wollen. Interaktionsangebote, Spieleinladungen oder Nachfragen des Fesselnden werden dann als störend wahrgenommen. Gleiches gilt für Blickkontakt oder manchmal auch Berührungen.
Herausforderungen & Sicherheit beim Meditativen Bondage
- Es könnte sein, dass durch die Ruhe bedingte innere Trigger auftreten. Das könnten emotionale oder verdrängte Themen sein, die im Alltag unterdrückt werden.
- Manchmal ist es für den Fesselnden schwierig zu erkennen, wann die Person befreit werden möchte oder ob noch alles in Ordnung ist - insbesondere wenn Nachfragen nicht gewünscht sind muss eine Sicherheitskommunikation/-abfrage dennoch gewährleistet werden. Zum Beispiel durch zuvor vereinbarte Zeichen oder Handdruck-Abfragen (1x zurück drücken heißt, dass alles in Ordnung ist).
- Es kann auch sein, dass eine Person innerlich so weit weg driftet (Dissoziation ist das Stichwort), dass sie ihren eigenen Körper nicht mehr spüren kann und somit bei eventuellen Problemen durch die Fesselung kein Feedback mehr geben kann.
- Auch kann es sich in manchen Konstellationen für den Fesselnden als schwierig gestalten, wenn die eigene Rolle wie die eines Dienstleisters erscheint. Hier sind gute Absprachen und die Kommunikation über Wünsche und Bedürfnisse auch innerhalb der (Fessel-) Beziehung anzuraten.
- Auch wenn die gefesselte Person scheinbar ewig die Fesselung genießt, dürfen wir als Fesselnde niemals den Raum verlassen. Das wäre fahrlässig und im schlimmsten Fall auch strafbar.
Geeignete Fesselung für Meditatives Bondage
Ein Hogtie mit einem Tengu Tie als Grundlage für eine Meditative Bondage-Session.
👉 Die bekanntesten Fesselungen